Paris – die Stadt der Stiegen
Freitag.
Zum ersten Mal alleine im Flugzeug. Madame und ich. Der Herr ist – beruflich bedingt – schon dort. In Paris. Madame und ich kommen nach.Wie soll das nur funktionieren. Ich bin im Vorfeld etwas nervös. Ich packe sogar den quasi unbenutzten Tragegurt ein. Man muss für alle Eventualitäten gerüstet sein. Doch alles halb so schlimm. Die Mitreisenden sind durchwegs hilfsbereit. Mir wird beim Tragen geholfen und Madame wird bespaßt. Keine genervten Blicke, als sie vor lauter Erschöpfung zu schreien beginnt. Ich bin erleichtert.
Am Flughafen ist es anfangs auch noch einfach. Die RER ist Niederflur und ich schaffe es ohne Probleme Madame in ihrem Kinderwagen und meinen Koffer hinein zu wuchten. Es gibt sogar richtig viel Platz. Und so gut wie keine Leute. Da kann Madame niemanden stören. Ich bin guter Dinge.
Dann in Paris das böse Erwachen. Ich finde keinen Lift. Ich manövriere den Kinderwagen und meinen Koffer durch die Menschenmassen am Bahnsteig. Weit und breit kein Lift in Sicht. Mit der Rolltreppe traue ich mich nicht zu fahren mit dem Vielen Gepäck. Ich bin schon leicht genervt und zu allem Überfluss fängt Madame zu maunzen an. Die ganze Fahrt nach Paris war sie ruhig. Da wo ich sie aus dem Wagerl nehmen hätte können. Ausgerechnet jetzt fängt sie an. War ja klar.
Nach einer gefühlten Ewigkeit mit vielen falschen Fährten haben wir es geschafft. Die Odyssee durch die U-Bahn Station liegt hinter uns. Wir endlich draußen. Zumindest im Einkaufszentrum von Les Halles. Jetzt gilt es nur noch den Herrn zu finden. Gar keine so einfache Aufgabe. Das Einkaufszentrum ist riesen groß und ich habe keinen Empfang am Telefon. Ich bin kurz davor zu verzweifeln. Madame ist immer noch am weinen und ich habe nicht einmal mehr etwas zu Essen für sie dabei, um sie ruhig zu stellen. Entnervt irre ich herum. Ich bin wieder mal auf der Suche nach einem Lift. Was ganz was Neues. Nach unzähligen Irrwegen hefte ich mich an eine Dame, die ebenso mit Kind unterwegs ist. Ich habe Glück. Sie steuert direkt einen Lift an und ich bin draußen. Endlich. Der Herr hat ebenso den Weg zu uns gefunden. Gottseidank. Vielleicht ist das alleine Reisen doch nicht so toll.
Samstag.
Am nächsten Morgen gehts dann weiter. Zuerst muss ein gutes Frühstück her. In Paris gar nicht so einfach zu finden, gibts meistens nur Croissant und Kaffee. Ist zwar auch gut, aber nichts für mich. Ich habe in der Früh immer großen Hunger.
Uns fällt erst jetzt auf wie zentral unsere Wohnung wirklich ist. In nur fünf Minuten zu Fuß sind wir da. Beim Claus* in Paris. Einem Deutschen, dem das Pariser Frühstück zu wenig war. Sehr sympathisch. Dort dann die Ernüchterung: Es ist kein Tisch frei. Wir hätten reservieren sollen. Nach 20 Minuten Wartezeit vor Ort , dann endlich. Ein Tisch ist frei. Und Madame wach. Dann wird es eben nichts mit dem entspannten Frühstück zu zweit. Auch nicht schlimm.
Es wird der Valentinsbrunch für zwei. Ohne so genau zu wissen, um was es sich dabei handelt. No Risk, no Fun! Als ersten Gang bekommen wir selbst gebackenes Brioche und Croissants mit gesalzener Butter und zwei Marmeladen. Wirklich lecker. Madame sieht das genauso. Vergnügt lutscht sie an ihrem Stück Croissant. Der zweite Gang – ein Fischtartar (keine Ahnung von welchem Fisch) und zwei pochierte Eier in Trüffel-Hollandaise – kommt. Und ich bin jetzt schon so satt, dass fast nichts mehr Platz hat. Egal – da müssen wir jetzt durch. So lecker, wie es schmeckt, auch kein großes Problem. Selbst der Koriander im Tartar stört nur wenig. Vielleicht hebt sich der mit Fisch ja auf. Man weiß es nicht genau. Den dritten Gang, eine Himbeertarte mit Zitronencreme und kandiertem Ingwer – auf die haben wir in der Épicerie gegenüber schon gespechtelt – schaffen wir dann nicht mehr ganz. Nicht einmal mit Hilfe von Madame, die mit Begeisterung die Himbeeren isst. Haben wir halt noch was für später. Auch gut.
Kugelrund und pappsatt gehts weiter. Zu Fuß. Das Gegessene muss ja auch wieder verdaut werden. Ohne ein konkretes Ziel lassen wir uns treiben. Vorbei am Louvre, durch den Jardin des Tuileries über die Champs-Élysées bis hin zum Arc de Triomphe. Dort ist dann Endstation. Für uns. Zu Fuß. Mama mag nicht mehr gehen. Wir wollen weiter nach La Défense. Also steigen wir in den nächsten Bus ein. Zu Fuß wäre das sowieso zu weit und für U-Bahn-Stiegenmanöver bin ich noch nicht bereit. Paris – die Stadt der Stiegen. Unüberwindbar mit Kinderwagen. Aber Bus-fahren ist auch schön.
Sonntag.
Aber Dann. Heute sind wir wagemutig. Wir riskieren es. Mit Kinderwagen und Sack und Pack mit der Metro durch Paris. Der Einstieg in das U-Bahnsystem ist einfach, wissen wir schon wo sich die Lifte befinden. Das Aussteigen ist es nicht. Muskelschmalz ist gefordert. Kein Lift und auch keine Rolltreppe in Sicht. Kann man nichts machen. Draußen angekommen belohnt uns der Blick auf den Eiffelturm für unsere Strapazen. Die Verbrannten Kalorien werden mit Baguette und Käse gleich wieder nachgefüllt. Und Madame, die verschläft wieder einmal das Meiste.
Am Nachmittag geht’s dann weiter zum Montmartre. Mit Sack und Pack – wir fliegen am Abend ja wieder nach Hause. In die Gefilde des Herren, der im letzten Jahr zwei Monate dort gelebt hat. Der Einstieg ist viel zu eng für unseren Buggy. Die Rolltreppe auch. Also muss wieder einmal unser Muskelschmalz herhalten. In einer Hand der Koffer, in der anderen der Kinderwagen rauf die Stiegen. Und wieder herunter. Gipsy Travels unlimited on Tour zum Sacre Coeur. Die Aussicht belohnt auch hier wieder für alles.
Trotz einiger Strapazen sind wir richtig wehmütig, als wir uns auf den Weg zum Flughafen machen müssen. Paris ist einfach immer wieder einen Besuch wert. Egal zu welcher Jahreszeit.
*http://www.clausparis.com
14, Rue Jean-Jaques Rousseau
7500 Paris
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