Vom Trockenwerden im Winter
Wir sind mitten in der Stadt. Es ist kalt draußen. Eisig kalt. An sich nicht so schlimm, sind wir ja warm eingepackt. Allerdings gibt es heute ein kleines Problem: Wir haben eine nasse Hose. Oder besser gesagt, Madame hat.
Madame hat nämlich seit Kurzem beschlossen (die meiste Zeit über) keine Windel mehr zu brauchen. Und das funktioniert auch super gut. Meistens. So auch heute. Deswegen haben wir es auch gewagt, das Haus einmal ohne zu verlassen. Einmal kurz einkaufen hätte es werden sollen. Nun ja, es kommt eben immer anders, als man denkt. Wie soll es auch anders sein…
Da stehen wir nun. Bei Minusgraden in der Kälte. Mitten in der Stadt. Weit weg von zu Hause. Mit nasser Hose. Und mit schreiendem Monsieur im Gepäck. Als wäre das Eine nicht schon genug. Nur was tun? Es muss auf jeden Fall schnell gehen. Die nasse Hose muss weg. Logisch. Nur habe ich, so schlau wie ich war, keine Wechselkleidung dabei. Natürlich. Wäre ja auch zu schön gewesen.
Eine neue Hose muss her. Und das bald. Nur woher? Das ist die große Frage. Ich bin ein bisschen aus dem Konzept. Muss erst einmal meine Gedanken neu sortieren. Mit einem maunzenden Monsieur und unter Druck gar nicht so einfach. Und überhaupt – irgendwie sehe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht. Habe just in dem Moment keine Ahnung, wo ich eine neue Hose herbekommen soll (dass ich von Geschäften aller Art umgeben bin, sollte an dieser Stelle vielleicht dazu erwähnt werden…). Schnell nach Hause laufen ist nämlich auch keine Option. Wir sind zu weit weg.
Es bleibt also nicht viel Anderes übrig, als schnell in das nächstbeste Geschäft zu hetzen. Um dort weiter überlegen. Wenigstens ist es hier warm. Das verschafft mir ein bisschen mehr Zeit. Und das Problem ist in der Wärme auch nicht mehr ganz so akut. Monsieur maunzt zwar immer noch, aber Madame muss sich wenigstens den Hintern nicht mehr abfrieren. Und das Beste: Mein Hirn fährt in der Wärme wieder auf Normalbetrieb hoch.
Wie es der Zufall (oder das Schicksal) so will, haben wir im Eifer des Gefechts sogar das richtige Geschäft erwischt. Glück im Unglück. oder so ähnlich. Jetzt heißt es schnell zur Kinderabteilung. Hose suchen, anziehen und wieder zurück zum eigentlichen Plan. Zumindest wenn es nach mir geht.
Denn Madame, tja die hat andere Pläne. Da wird aus schnell gleich einmal langsam. Super langsam. An allen Ecken und Enden macht sie Halt. Aber es gibt einfach zu viel zu entdecken. Dass sie eine nasse Hose hat, scheint sie nicht zu stören.
Aber mich. Ich fühle mich nämlich beobachtet. Ich spüre förmlich die Blicke der Anderen. Die mitleidigen Blicke. Ganz so, als hätte ich mein Kind nicht im Griff. Und das ist mir peinlich. Ganz egal ob diese Blicke Wirklichkeit sind, oder sich nur in meinem Kopf abspielen… Dein rein objektiv betrachtet erkennt man an Madames Hose gar nichts. Aber trotzdem.
Nach einer gefühlten Ewigkeit haben wir es dann endlich geschafft. Eine neue Hose ist gekauft. Und auch angezogen. Ich bin erleichtert. Dass wir auch eine neue Strumpfhose und einen neuen Body gebraucht hätten, und die Hose ein klein wenig zu groß ist – tja, es soll Schlimmeres geben. Für den Heimweg reicht es auf alle Fälle.
Tja, jetzt haben wir also eine Hose mehr im Kleiderschrank. Und ich bin um eine Erfahrung reicher. Und Wechselkleidung haben wir seit diesem kleinen Unfall auch immer dabei!
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