Einhorn, Glitzer, Feenstaub
Wir sind einkaufen. Madame, Monsieur und ich. Ein paar Strumpfhosen für Madame sollen es sein. Bei dieser Kälte unumgänglich. Diese sind auch schnell gefunden. Doch so schnell, wie ich gehofft habe, sind unsere Stunden hier wohl noch nicht gezählt. Denn Madame hat etwas entdeckt, was ihr gefällt. Ein Kleid. Und zwar in rosa, mit Glitzer und einem Einhorn drauf. Was sonst?
Während ich vollste Überzeugungsarbeit zu leisten versuche, das Kleid nicht mitzunehmen (Ich muss zugeben, es gefällt mir nur mäßig), werde ich in meinem Kopf eine Frage nicht los: Woher kommt eigentlich Madames Vorliebe dafür? Für dieses Rosa? Für dieses Glitzer. Und vor allem für diese Einhörner?
Vom Herrn und von mir kann sie das nicht haben. Ausgeschlossen. Haben wir uns doch stets bemüht, neutral zu bleiben. Sie nicht in eine Richtung zu drängen. Haben ihr sowohl Buben-, als auch Mädchensachen (sofern man diese Worte heutzutage überhaupt noch in den Mund nehmen darf) angezogen. Haben sie immer selbst entscheiden lassen, mit welchem Spielzeug sie gerne spielt.
Daraus resultiert, dass in Madames Kinderzimmer Autos, Traktoren und Dinosaurier den Ton angeben. Selbst ein riesiger Auto-Teppich findet sich hier wieder. Nichts, was darauf hindeutet, dass hier ein kleines Mädchen wohnt? Oder etwa doch? Denn wenn man etwas genauer hinsieht, dann kann man sie entdecken. Hinter dem Auto hier, hinter dem Traktor dort, da lauern sie. Gut versteckt, aber doch. Die Einhörner dieser Welt, die in glitzerndem Rosarot vermutlich nur auf den richtigen Moment warten, um die Weltherrschaft an sich zu reißen.
In Madames Kleiderschrank ein ähnliches Spiel. Neutral war gestern. Auch hier ziehen langsam aber sicher immer mehr Teile in rosarot ein. Überhaupt, wenn es nur nach Madame ginge, dann würde ihr Kasten vor lauter rosa und Glitzer übergehen. Auch das ein- oder andere Einhorn würde sie am liebsten hier drinnen beherbergen. Da bin ich mir sicher.
Damit hätten wir aber noch immer nicht die eingangs erwähnte Frage beantwortet. Denn woher diese Einhornliebe nun tatsächlich stammt, ist mir nach wie vor ein Rätsel. Ein großes. Auch den kleinen Monsieur kann ich als Tatverdächtigen ausschließen, bringt der noch nicht viel mehr als „Miau“ aus sich heraus. Und Katzen – obwohl die auch süß sind – sind es ja nicht, nach denen wir heute suchen. Also müssen wir die Kreise wohl weiter ziehen.
Und während ich auf der Suche nach einer Kleid-Alternative zwischen Einhornpyjamas und Feen-Haarspangen zumindest meine Kreise durch das Geschäft ziehe, fällt es mir auf einmal wie Schuppen von den Augen. Mir wird auf einmal klar wie es zu dieser Liebe kommen konnte: Da habe ich fälschlicherweise gedacht die Einhörner wären erst dabei die Weltherrschaft an sich zu reißen. Dabei haben sie das schon längst. Die Einhörner in glitzerndem Rosarot. So omnipräsent sie hier im Geschäft (und auch in vielen anderen Geschäften) doch sind.
Heißt also so viel, dass es im täglichen Leben mittlerweile sehr schwer geworden ist an diesen Tieren vorbei zu kommen. Und da Madame ja stets mit offenen Augen durchs Leben geht hat das eine hier wohl zum anderen geführt (Ich bin ja schon gespannt was da mit dem kleinen Monsieur noch auf uns zukommen wird…). Auch ich muss zugeben, dass diese Tiere mittlerweile selbst in mir die ein oder andere Gefühlsregung in Richtung „Oh wie süß!“ entlocken. Allerdings nur im Zusammenhang mit Madame. Ich schwörs!
Hätten wir das Rätsel also irgendwie doch gelöst. Schuld ist der Handel. (Wir Österreicher brauchen immer einen Schuldigen). Woher dieser Einhorn-Hype aber tatsächlich kommt, darüber zerbreche ich mir lieber nicht den Kopf. Das würde dann vermutlich ins Bodenlose führen.
Tja und das Kleid, das haben wir übrigens mitgenommen. Zwar nicht in exakt der Ausführung in der es Madame gerne gehabt hätte, sondern in grau. Aber das wohl wichtigste, das Glitzereinhorn, ist mit von der Partie. Ein guter Kompromiss für uns beide.
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