Ordnungsliebe
Es ist Samstag früh. Die Sonne scheint durchs Fenster. Die Kinder spielen friedlich vor sich hin. Und ich nutze die Gunst der Stunde, um in Ruhe einen Kaffee zu trinken. Also ab zur Kaffeemaschine. Kapsel rein und draufgedrückt. Mit der Tasse zum Tisch. Und genießen. So der Plan. Aber irgendwie kann ich das heute nicht so richtig. Denn um mich herum ist etwas, das mich ganz unrund macht. Chaos.
Madame steht an der Spielzeugkiste und wirft ein Ding nach dem anderen heraus. Monsieur hat sich an der Tupperdosen-Lade zu schaffen gemacht und spielt das selbe Spiel. Hier herrscht gerade Anarchie. Dazu gesellt sich das Chaos vom Vortag. Tja, wenn man abends zu faul ist, rächt sich das gleich.
Und bei mir gleich doppelt. Chaos wirkt sich nämlich auf meine Laune aus. Negativ wohlgemerkt. Woran das liegt? Das weiß ich nicht. Vielleicht am Sternzeichen (Wenn man nicht mehr weiter weiß, dann eignen sich die doch perfekt als Sündenböcke?). Oder doch am Aszendenten? Ich bin Jungfrau. Doppelte Jungfrau wohlgemerkt. Also die Sorte, die gemäß Horoskop besonders ordungsliebend sein soll. Oder vielleicht liegt es doch nur am Charakter? Wie auch immer. Ich habe es halt gerne aufgeräumt.
Am liebsten ist mir nämlich, wenn gar nichts herum liegt. Jeder Stift in der Lade. Jedes Buch im Regal. Jedes Spielzeug im Korb. Tja, die Kinder sehen das anders. Ihnen ist es am liebsten, wenn alle Besitztümer gleich auf ersten Blick ersichtlich sind. Jeder Stift am Schreibtsich (oder darunter). Jedes Buch im Bett. Jedes Spielzeug auf dem Boden.
Auch der Herr teilt meine Definition von Ordnung nicht ganz. Also bleibt es meistens an mir hängen, diese so herzustellen, wie ich sie gerne hätte. Ist ja auch logisch. Jeder ist für sein Glück selbs verantwortlich. Oder so ähnlich. Außerdem macht mir das Aufräumen meistens Spaß. Es ist fast wie Medidation. Und irgendwie beruhigend, alles an seinem Platz zu wissen.
Und genau diesen Zustand gilt es jezt herzustellen. Auf der Stelle. Der Kaffee muss warten. Also heißt es Staubsauger raus räumen, Kinder motivieren (vielleicht wollen sie ja mithelfen) und loslegen mit dem Spaß. Und tatsächlich. Madame und Monseur helfen bereitwillig mit. Wobei – während die eine wirklich ernste Absichten hegt, den Boden zu saugen, hat der andere Gefallen daran gefunden die Ausschalttaste zu bedienen. Immer und immer wieder. Anfangs ist das ja noch ein lustiges Spiel. Aber nach dem zehnten Mal wird es mühsam. So mühsam, dass Madame aufgiebt und ich übernehmen darf.
Oder muss. Denn mit Monsieur im Schlepptau gestaltet sich das Staubsaugen wahrlich etwas schwierig. Ein Balanceakt zwischen Staubsauger vor der Nase wegziehen und den Boden so zu saugen, dass nichts übersehen wird. Der nur gelingt, wenn man viel Zeit und vor allem Geduld mitbringt.
Und die habe ich heute zum Glück. Zumindest so lange, bis auch Monsieur das Interesse verliert und sich lieber mit seinen Autos auf die Couch zurückzieht. Herrlich, wie schnell das Aufräumen und Saubermachen geht, wenn sich die Kinder anders beschäftigen. So ist im Handumdrehen alles wieder so, wie ich mir das vorstelle. Zumindest im Wohnzimmer. Die anderen Zimmer werden auf später verschoben, denn es gibt da ja noch jemanden, der am Tisch auf mich wartet.
Mein Kaffee. Der mittlerweile zwar schon kalt geworden ist, aber immer noch gerne getrunken werden möchte. Diesen Rufen kann ich natürlich nicht widerstehen und leiste ihnen sogleich Folge. Mit innerer Ruhe und Gelassenheit. Und dem Rücken zu den Kindern. Denn diesen Moment für mich kann mir gerade keiner nehmen, auch wenn ich innerlich weiß, dass hinter mir gerade wieder Chaos entsteht. Das Wohnzimmer in Windeseile noch schlimmer aussehen wird, als je zuvor, und der ganze Aufräum-Spaß in ein paar Minuten wieder von vorne los geht…
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