Wenn Mama einmal die Kinder bringt…
Heute ist wieder einer dieser Tage, an denen ich die Kinder in der Früh bringen darf. Madame in den Kindergarten und Monsieur zur Tagesmutter. Ich muss gestehen, dazu kommt es nicht allzu oft, denn bei uns zu Hause herrscht Aufgabenteilung deluxe. Das heißt der Herr bringt die Kinder in der Früh. Ich hole sie am Nachmittag ab. So weit so gut.
Wie das nun einmal so ist, kommt es dabei hin und wieder zu Abweichungen. Logisch. So wie heute.
Ich stehe zeitig auf. Auch die Kinder sind extra früh, nämlich um sechs Uhr, munter. Das kommt selten vor. Herrlich – wir haben also genügend Zeit. Madame muss nämlich erst in zwei Stunden im Kindergarten abgeliefert werden.
Die Zeit reicht locker um mir in die Ruhe die Haare zu waschen, die Kinder stressfrei anzuziehen und gemütlich zu Frühstücken. Das ist ganz nach meinem Geschmack. Denn sonst bin ich spätestens um sieben aus dem Haus. Selbst nach all diesen Tätigkeiten bleibt heute noch Zeit übrig. Heißt also für die Kinder noch ein bisschen spielen und für Mama noch einen Kaffee in Ruhe genießen. Richtig toll. So kann von mir aus jeder Morgen starten!
Gemütlich sitze ich da, beobachte die Kinder, trinke meinen Kaffee, bis mich eine eingehende Nachricht auf meinem Handy aus meinem Tagtraum reißt. Dicht gefolgt von einer kleinen Schrecksekunde: Ein Blick auf die Uhr verrät: Es ist bereits zehn vor Acht. Hab ich mich doch tatsächlich verbummelt. Höchste Zeit also um uns fertig zu machen und Richtung Kindergarten zu düsen.
Jetzt muss es schnell gehen. Schuhe an, Jacke an, Handschuhe und Hauben zusammen suchen. Und das mal drei – Einmal für Madame. Einmal für Monsieur. Einmal für mich – und dann ab die Post. Raus aus der Wohnung, raus aus dem Haus und hinein in die Straßenbahn. Wenn alles gut geht, dann geht es sich trotzdem noch gut aus. Innerlich freue ich mich schon, dass wir das so gut hinbekommen haben, bis mir plötzlich einschießt: Madame braucht noch eine Jause. Verdammt – das habe ich voll vergessen.
An dieser Stelle sollte man eventuell wissen, dass Madame höchstens einmal die Woche eine Jause für den Kindergarten braucht. Nämlich dann, wenn die Kinder einen Ausflug machen. Die übrigen Tage bekommt sie eine Jause im Kindergarten. Was sehr praktisch ist.
Tja, für heute heißt das dennoch Kommando zurück, wieder ab in die Wohnung und Mission ‘Jause für Madame’ starten. Gesagt getan. Unter Protest des kleinen Monsieur – der wäre lieber schon an der frischen Luft – geht es noch einmal zurück.
Um die Mission etwas zu verkürzen lasse ich beide Kinder im Vorzimmer zurück, sprinte in die Küche, reiße den Kühlschrank auf und muss ernüchternd feststellen, dass sich hier nichts Brauchbares befindet. Nichts, was ich Madame mit gutem Gewissen in den Kindergarten mitgeben kann. Denn Essiggurkerl in Kombination mit Oliven oder Marmelade ohne Brot sind leider keine Option.
Wie schafft der Herr das immer, solche Termine und dazugehörige Besorgungen so gut im Griff zu haben? Gedankenverloren stehe ich da bis mich vergnügtes Kinderlachen aus dem Vorzimmer wieder in das Hier und Jetzt zurück holt. Zum Glück, denn das Grübeln bringt mich jetzt auch nicht wirklich weiter. Ein Plan B muss her. Und der heißt Bäcker des Vertrauens.
Also noch einmal von Vorne. Raus aus der Wohnung. Raus aus dem Haus. Mit einer kleinen Änderung. Statt hinein in die Straßenbahn geht es erst hinein zum Bäcker um die Ecke. Wenn wir jetzt schnell sind, dann hält sich sie Verspätung noch im Rahmen.
Doch schnell ist heute nichts mehr. Seelenruhig stehen Madame und Monsieur vor der Vitrine und können sich nicht entscheiden. (Ein Fehler sie selbst entscheiden zu lassen, dessen Auswirkungen mir aber erst während dem Aussprechen bewusst geworden sind). Wobei, ich muss mich korrigieren: Madame und Monsieur schaffen es sehrwohl sich zu entscheiden. Allerdings lasse ich ihre Wahl nicht durchgehen. Cheesecake und Schokokeks sind dann doch nicht die adäquate Jause, die ich mir vorgestellt habe. Da hätte ich doch gleich die Marmelade mitgeben können…
Nach einer gefühlten Ewigkeit des Hin- und Her-Diskutierens haben wir endlich eine Entscheidung da, mit der alle Parteien zufrieden sind. Madame bekommt ein Rosinenweckerl. Monsieur ein Kipferl. Mama geht leer aus, was aber nicht weiter schlimm ist. Mission Jause war also erfolgreich – jetzt nichts wie los zum Kindergarten.
Mittlerweile ist es zwanzig nach acht. Wir liegen noch ‘ganz okay’ in der Zeit. Jetzt kann nichts mehr schief gehen. Kann doch. Zu allem Überfluss lässt die Straßenbahn auch noch auf sich warten. Lange. Zu lange für meinen Geschmack. Deswegen beschließe ich kurzerhand zu Fuß zu gehen. Mit Madame und Monsieur im Schlepptau versteht sich. Einer ist davon leider gar nicht begeistert. Nämlich, der kleine Monsieur.
Da ich unter Zeitdruck stehe, nehme ich ihn auf meinen Arm und trage ihn ausnahmsweise. Was ihm natürlich sehr gefällt. Madame nicht so, denn die hätte den Service auch gerne in Anspruch genommen. Tja, kann man nichts machen. Besser ein jammerndes Kind als zwei.
So schaffen wir es dann gut vierzig Minuten später als geplant und gerade noch rechtzeitig für Madame im Kindergarten anzukommen. Ich völlig durchgeschwitzt. Die Kinder zufrieden. Aber wir sind da. Und das zählt.
Und fürs nächste Mal bin ich dann hoffentlich besser vorbereitet!
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