Ice Ice Baby
Oder was man beim Eis-Essen alles schief laufen kann
Es ist ein heißer Sommertag. Das Thermometer zeigt 30 Grad und mehr. Das schreit nach Abkühlung. Und diese holen wir uns heute in Form von Eis. Also nichts wie ab zum Eisdealer unseres Vertrauens.
Um dort erst einmal anzustehen. Denn die Schlange ist groß. Logisch. Unser Eishunger ist es auch. Besonders Madame und Monsieur können es kaum mehr erwarten und tänzeln wie zwei aufgescheuchte Hummeln herum. Ich habe alle Hände voll (im wahrsten Sinne des Wortes) und zu tun, dass ich die beiden beisammen halte. Was sich auf mein psychisches und physisches Wohlbefinden auswirkt. Nicht gerade positiv. Denn mir ist so richtig heiß. Immer wieder keimt in mir der Gedanke auf, doch einfach in die Eisdiele neben an zu gehen. Dorthin, wo keine Leute warten. Aber mein Stolz und auch mein Geschmacksinn stehen mir hier leider im Weg. Madame und Monsieur wäre es bestimmt egal, Hauptsache sie bekommen ihr Eis…
Ein paar dieser Gedanken später sind wir endlich dran. Stehen an vorderster Front der immer länger werdenden Schlange. Ich möchte endlich bestellen, allerdings haben sich die Kinder – wie kann es auch anders sein – noch nicht entschieden welches Eis sie heute essen wollen. Na bravo. War ja vorher keine Zeit da, um darüber nachzudenken – Ironie Ende.
Als auch nach einer gefühlten Ewigkeit noch keine Antwort kommt, nehme ich das Glück der beiden in die Hand und bestelle für Madame eine Kugel Vanilleeis. Just in dem Moment, in dem ich eine zweite für Monsieur bestellen möchte, meint Madame plötzlich eine Entscheidung getroffen zu haben. Ein blaues Schlumpfeis soll es sein. Hätten wir gerade noch einmal die Kurve gekratzt.
Und genau diese Entscheidung passt dem kleinen Monsieur nicht mehr ins Programm. Jetzt wo er weiß, dass er auch ein solch leuchtendes Eis haben hätte können, hält er von seinem langweiligem Weißen natürlich nicht mehr viel. Logisch. Wie konnte ich nur?
Was also tun? Nachgeben und eine weitere Kugel Eis zu kaufen kommt nicht in Frage. Also bleibe ich stur, ignoriere das Jammern und überlasse ihn seinem Vanille-Schicksal. Wider Erwarten versteht er recht schnell, dass es heute kein anderes Eis für ihn geben wird und wir können uns gemütlich auf den Weg zu ‚unserem‘ Sitzplatz machen. Denn im Stehen Eis zu essen ist ein No-Go. So schnell kann man gar nicht schauen, liegt das Eis schon am Boden. Krokodilstränen vorprogrammiert.
Doch nicht heute. Unfallfrei schaffen wir es bis dorthin. Beide Kinder schlecken friedlich vor sich hin. Und auch ich komme von meinem Stresslevel wieder etwas mehr herunter. Jetzt ist alles gut. Für genau einen kurzen Moment. Für genau so lange, bis Madame auf die Idee kommt Monsieur von ihrem Eis kosten zu lassen. An sich ein feiner Zug, nicht aber wenn das Eis mit der interessanten Farbe zudem auch noch viel süßer schmeckt, als das langweilige Vanille-Eis. Womit wir also wieder bei unserer Ausgangssituation angekommen wären: Monsieur will ein blaues Eis. Jetzt sofort.
Dabei ist er sogar noch bescheiden. Es muss ja gar kein neues sein. Madames halb Aufgegessenes tut es auch. Tja, und drei Mal darf man raten, wem das natürlich gar nicht schmeckt: Der kleinen Madame, welche die Vorteile vom blauen Eis natürlich auch schon überzuckert hat.
Ein paar Schlichtungsversuche und Tränen später hat sich Monsieur erneut mit seiner, für ihn, aussichtslosen Situation abgefunden und schleckt wieder an seiner Kugel Eis. Ich nutze die Ruhe, lehne mich zurück und will erst einmal durchatmen – da sehe ich aus den Augenwinkeln schon die nächste Bedrohung auf unser Eisvergnügen zukommen.
Das Eis tropft. Eines mehr als das andere. Und zu allem Überdruss hat sich das blaue schon seinen Weg auf Madames weißes Leibchen gebahnt. ‚Hoffentlich gehen die Flecken da wieder raus‘, denke ich mir und schnappe mir die Tüte um Schadensbegrenzung zu betreiben. Auch Monsieurs Eis verlangt nach genau dieser Vorgehensweise, denn selbst wenn sein Eis keine schlimmen Flecken zu erwarten lässt, wollen wir ihn nicht gleich zur Bienenfalle werden lassen. Also schnappe ich mir auch sein Eis, um einmal rundherum zu schlecken.
Doch das schmeckt dem kleinen Mann so gar nicht. Er fühlt sich so sehr um sein Eis gebracht, dass er sich vor lauter Protest fast gar nicht mehr einkriegt. Also hilft nur schnell das Eis zurückgeben und es auch ja nicht mehr anschauen. Läuft hier also. Im wahrsten Sinne des Wortes. Also bin ich für den Rest des Eisvergnügens damit beschäftigt, in unbeobachteten Momenten das tropfende Eis mit meinen Fingern wegzuwischen. Eine Gute Methode den Eisfrieden nicht noch einmal zu stören. Eine schlechte Methode, wenn man weder Feuchttücher noch Servietten dabei hat.
Dass die beiden Kinder kurz vor Schluss auch noch auf die Idee gekommen sind, ihre Tüten mit dem mittlerweile flüssigen Eis von unten anzubeißen und das bei mindestens einem der beiden mehr schlecht als recht funktioniert hat, auf das möchte ich gar nicht mehr näher eingehen.
Wie auch immer. Fakt ist: Die Kinder waren nach Beendigung des Ausflugs mehr als glücklich. Ich war es auch. Doppelt gewonnen also. Oder zumindest so ähnlich.
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