Das erste Fußballspiel.
Tüüt – Tüüt – Tüüt – QR-Code konnte nicht erkannt werden. Mir wird kurz heiß und kalt zugleich. Wir stehen nämlich gerade am Kartenlesegerät für den Zutritt zum Fußballstadion. Leicht angespannt, aber voller Vorfreude versuchen Madame, Monsieur und ich fieberhaft mein Handy so zu drehen und zu wenden, dass das Lesegerät den Code unserer Tickets erfasst. Ich bin ungeduldig. Die Leute hinter mir auch. Wenn ich das recht uncharmante Vordrängen richtig interpretiere… Kurz werde ich innerlich richtig grantig – Sehen die nicht, dass hier auch Kinder warten?
Kinder, die sich schon seit Ewigkeiten auf das Fußballspiel freuen. Denn angefixt durch Fangesänge und Fußballlieder, die ich den beiden gezeigt habe, sind mir Madame und Monsieur wochenlang in den Ohren gelegen. Somit ist es heute endlich soweit. Wir besuchen das erste ‘richtige’ Fußballspiel in ihrem Leben.
Gut, viel so Überzeugungsarbeit war im Endeffekt gar nicht notwendig – war ich doch selbst in meiner Jugend glühender Fußballfan. Wobei was heißt ‘war’? Ich bin es noch immer, nur nicht mehr mit so viel Stadionerfahrung.
Dennoch habe ich immer wieder überlegt – wann kann man Kinder mit ins Fußballstadion nehmen? Wann sind sie dafür alt genug? Da es dafür wohl keine Faustregel gibt, habe ich mich einfach von meinem Gefühl und meiner Spontanität leiten lassen und kurzerhand Karten für ein Spiel besorgt. Denn was solls. Es geht ja nicht darum dem Spielverlauf zu folgen und zu verstehen. Ganz im Gegenteil sogar. Es geht viel mehr um die Atmosphäre drumherum. Denn diese ist schon besonders.
Und diese besondere Stimmung zieht sich schon durch den gesamten Tag. Madame und Monsieur sind so aufgeregt wie schon lange nicht mehr. Schon in der Früh sucht sich Madame das passende Outfit für den Abend heraus. Auch Monsieur lässt es sich nicht nehmen, von seiner Schwester passend eingekleidet zu werden. Und alle halben Stunden kommt die Frage: Wann ist es endlich so weit?
Tja – Jetzt. Nur stehen wir hier und kommen nicht hinein. Die Leute hinter uns werden immer ungeduldiger. Madame und Monsieur nicht. Zum Glück. Die sind nämlich damit beschäftigt alles, was sie jetzt schon sehen aufzusaugen.
Dann endlich schafft es der überaus freundliche und geduldige Ordner, nach einigem Drehen und Wenden, dass das Lesegerät den QR-Code nimmt. Wir sind drinnen. Juhuu. Ich fühle mich selbst sofort wieder in der Zeit zurück versetzt. Die Stimmung. Der Geruch. Das einzigartige Stadiongefühl – eine Mischung aus Vorfreude und Angespanntheit. Für einen kurzen Moment denke ich mir, eine Zeitreise gemacht zu haben. Wären da nicht Madame und Monsieur an meiner Hand.
Die nicht minder begeistert sind. Aber weniger vom Spiel selbst, sondern viel mehr von den tollen Klappsesseln. Mit denen sich so wunderbar Musik machen und herum turnen lässt. Gut, dass noch andere Kinder um uns herum sind, die das Gleiche machen. Da komme ich mir nicht so blöd vor. Und lasse einfach geschehen. Außerdem ist die Geräuschkulisse laut. Da fällt das fröhliche Kreischen der Kinder auch nicht mehr ins Gewicht. Und etwas egoistisch muss man das Ganze auch noch sehen: Die Kinder sind beschäftigt. Und ich kann gemütlich dem Spiel folgen. Auch sehr schön. Und mehr, als ich mir erwartet habe. Doch diese Ruhe währt nicht lange – leise dringt folgende Anfrage an mein Ohr:
‘Mama, gibt’s im Stadion eigentlich auch ein Klo?’
Natürlich gibt es. Also nehme ich vorerst auch an der Turnstunde teil und klettere mit den Kindern im Gepäck über die Sitzreihen bis zum Ausgang Richtung Klo. Und gerade als wir das stille Örtchen betreten, ist es auf einmal gar nicht mehr so still (gut, so richtig ruhig war es ja nie) – Unsere Mannschaft hat ein Tor geschossen. Das Stadion kocht. Und wir sitzen am WC. Bestes Timing könnte man sagen.
Fast ein bisschen enttäuscht machen wir uns auf den Rückweg. Und als hätten es die Spieler mitbekommen, dass Madame und Monsieur ihr allererstes Tor im Fußballstadion eigentlich nicht miterlebt haben – fällt aus heiterem Himmel das zweite. Kurze Zeit später sogar das dritte. Und zum Schluss sogar noch das vierte Tor! Ich fühle mich sehr gut entschädigt. Fußballpremiere gelungen.
Madame und Monsieur sind on fire. Wollen nach Ende des Spiels das Stadion gar nicht mehr verlassen. Auch nicht nach der zweiten Ehrenrunde der Fußballspieler. Noch den ganzen Heimweg über begleiten uns Fangesänge und der Vorsatz – Schon ganz bald wieder ins Fußballstadion zu kommen.
Zwei Fußballfans sind geboren – Ich freue mich schon auf das nächste Mal mit den beiden im Stadion.
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