Spontan muss man sein
Es ist Sonntagnachmittag. Später Nachmittag. Wir sitzen bei Oma und Opa im Wohnzimmer. Die Sonne ist längst untergangen. Und wir sind müde. Müde vom guten Essen. Müde vom Spielen. Es ist also Zeit zum Nachhausefahren. Madame gehört ins Bett. Und Mama und Papa müssen heute noch etwas arbeiten.
Langsam versuche ich Madame darauf vorzubereiten. Denn überrumpeln ist nicht die beste Methode. Das kann dann schon mal zu Tränen führen. Und das möchte ich uns heute ersparen. Langsam beginne ich mit den Vorbereitungen. Ziehe erst einmal den kleinen Monsieur an. Und dann mich. Als ich mit den Schuhen für Madame um die Ecke biege, bekomme ich ein entschiedenes ‚Nein‘ von ihr zu hören. Mehrmalige Versuche ihr die Schuhe anzuziehen scheitern. Auch der Herr kommt nicht weiter.
Na gut, soll sie noch ein bisschen spielen, denke ich mir, und beginne erst einmal das Auto einzuräumen. Doch auch danach: Madame macht keine Anstalten mit uns mitzukommen. Auch auf die ‚Drohung‘ ohne sie zu fahren, reagiert sie nicht wie von mir gewünscht. Die Antwort kommt abrupt wie überraschend: ‚Ich bleibe da!‘. Ich bin ganz verdattert. Habe ich gerade richtig gehört? Vorsichtig frage ich noch einmal nach. Doch die Antwort bleibt die selbe. Mehr als ein formloses ‚Tschüss‘ gibts nicht von ihr zu hören.
Ich werfe einen Fragenden Blick zu meiner Mama. Soll ich Madame wirklich hier lassen? Ich bin mir nicht sicher. Auf das bin ich nämlich nicht eingestellt. Habe mir in meinem Kopf schon einen gemütlichen Abend zu viert ausgemalt. Mit kuscheln und vorlesen. Das ganze Programm eben. Und nun das! Einmal frage ich noch nach, ob sie das tatsächlich ernst meint. Meint sie! Na dann.
Im Auto haben wir dann ein komisches Gefühl. Sowohl der Herr, als auch ich. Wir fühlen uns im Stich gelassen. Schon eigenartig. Ist ja nicht so, dass sie nicht schon öfter eine Nacht bei Oma und Opa verbracht hat. Aber da haben wir die Regeln gemacht. Und nicht sie. Wahrscheinlich kommt es daher. Denn jemanden vor vollendete Tatsachen stellen ist normal eher mein Ding.
Zuhause angekommen werfe ich alle paar Minuten einen Blick auf mein Handy. Innerlich warte ich nämlich nur auf den Anruf, dass wir kommen und sie holen sollen. Doch der kommt nicht. Gar nichts kommt. Vor dem Schlafengehen ertappe ich mich sogar dabei, wie ich in Madame’s Zimmer schleiche. Um nach ihr zu sehen. Zu sehen, ob es ihr wohl gut geht. Wie ich das jeden Abend mache. Nur sie ist nicht da. Ich fühle mich leer. So leer wie ihr Bett.
Trotzdem – so eine unverhoffter Abend zu dritt hat auch seine positiven Seiten. So kommen wir endlich einmal dazu zu arbeiten. Also der Herr und ich. Und auch der kleine Monsieur profitiert. Der bekommt zu seinen Wachzeiten endlich einmal ungeteilte Aufmerksamkeit. Ungeteilte Aufmerksamkeit von uns beiden. Auch schön.
Und Madame, der ist es bei ihren Großeltern übrigens blendend gegangen. Sie wurde nach Strich und Faden verwöhnt. Inklusive Schaumbad und allem was dazu gehört. Nichtsdestotrotz – die Wiedersehensfreude am nächsten Tag war dennoch groß.
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