Geschwisterliebe
Achtung. Der kleine Monsieur weint. Madame versucht ihm seinen Schnuller in den Mund zu stecken. Mit aller Gewalt. Mir bleibt fast mein Herz stehen. Nicht dass sie ihm weh tut. Mit einem Satz bin ich dort. Versuche Schlimmeres zu verhindern. Ganz wie ein Wachhund. Wieder einmal gut gegangen. Es ist nichts passiert.
Flashback.
Und dann ist er da. Der große Tag. Oder auch der Tag an dem Madame ihren Bruder zum ersten Mal sehen wird. Meine Freude ist riesengroß. Denn ich habe Madame schon sehr vermisst. Gleichzeitig bin ich gespannt. Zum Zerreißen gespannt, wie sie auf den kleinen Monsieur reagieren wird…
Es ist so weit. Die Tür geht auf. Hereingestürmt kommt eine vor Freude strahlende Madame. Mit Blumen in der einen und einem Spielzeug in der anderen Hand (Drei Mal dürft ihr raten was davon für wen bestimmt ist). Voller Freude breite ich meine Arme zu ihr aus. Doch nichts da – für Mama gibt es keine Umarmung. Kein Bussi. Nada. Ich ich werde förmlich ignoriert. Denn die kleine Maus hat nur Augen für ihren Bruder. Will ihn die ganze Zeit nur streicheln. Und halten. Und am liebsten mit ihm spielen.
Schon ein bisschen schade. Also für mich. Aber besser so, als anders. Viel besser, um mich genauer auszudrücken. Ich muss nämlich zugeben, dass ich mir von ihr eher das Gegenteil erwartet habe: Eifersucht und Skepsis. Denn so wurde ich im Vorfeld schon von Vielen vorgewarnt. Es klang fast so, als müssten frischgebackene Geschwister so auf die Neuankömmlinge reagieren. Wird wahrscheinlich schon noch kommen. Dann, wenn sie realisiert, dass wir den kleinen Monsieur auch mit nach Hause nehmen werden. Denke ich mir zumindest.
Mit Spannung fiebere ich also auch diesem Tag entgegen. Freue mich darauf, nach drei Tagen Krankenhaus endlich nach Hause zu dürfen. Um dem kleinen Monsieur sein Zuhause zeigen zu können. Um uns in Ruhe beschnuppern zu können. Um uns endlich kennen zu lernen. Denn drei Tage dort sind genug. Definitiv. Vor allem beim zweiten Kind. Denn da weiß man schon was man tut. Wie man wickelt. Wie man sein Kind anzieht und wäscht. Aber zweieinhalb Jahre Erfahrung bringen es dann doch.
Allerdings ist es dann doch nicht ganz so einfach, wie es sich jetzt vielleicht anhören mag (Siehe oben). Denn man muss bedenken: Madame ist noch klein. Ist selbst erst zwei Jahre alt. Was soviel heißt wie, sie ist sich der Tragweite ihrer Handlungen oft nicht bewusst. Sie meint es zwar gut. Aber oft eben zu gut, als mir und dem kleinen Monsieur lieb ist. Aber woher soll sie es auch besser wissen?
Doch mittlerweile – nach gut drei Wochen – ist alles entspannter. Wir sind viel eingespielter. Als Team. Als Familie zu viert. Madame hat viel dazu gelernt. Weiß wie weit sie gehen kann. Und darf. Ich habe auch dazu gelernt. Gelernt Madame das nötige Vertrauen zu schenken. So bleibt mir nicht mehr jedes Mal das Herz stehen, wenn sie sich dem kleinen Monsieur auch nur nähert. Man muss sie einfach nur lassen. Sie miteinbeziehen. Was super wichtig ist, denn Eifersucht ist so nach wie vor kein Thema.
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