Regenwetter-Eisgenuss
Es ist Mittwoch. Nachmittag. Monsieur und ich sind auf dem Weg zur Tagemutter. Wir müssen uns beeilen. Wir sind nämlich spät dran. Zu spät für meinen Geschmack. Denn ich will Madame nicht warten lassen. Doch das ist heute nicht der alleinige Grund. Es liegt etwas in der Luft.
Ein Blick gegen Himmel verheißt nichts Gutes. Schwarze Wolken sind uns dicht auf den Fersen. Alle Zeichen stehen auf Gewitter. Ich versuche einen Gang hinauf zu schalten und Fahrt aufzunehmen. Sofern das mit Kinderwagen möglich ist. Vielleicht haben wir ja Glück und schaffen es trocken wieder nach Hause. Ich bin nämlich nicht in der Stimmung einen Wet-T-Shirt-Contest mitzumachen. Obwohl ich mit meinem weißen Shirt heute sicher gute Chancen hätte…
Keine zehn Meter von unserem Zwischenziel (Madames Tagesmutter) entfernt beginnt es zu tröpfeln. Im Hintergrund ist auch schon leises Donnergrollen zu vernehmen. Mist. Jetzt muss es wirklich schnell gehen. Im Rekordtempo nehme ich Monsieur aus dem Kinderwagen und laufe die Stiegen (Madames Tagesmutter wohnt im dritten Stock) hoch. Madame wartet schon voll adjustiert. Zum Glück. Jetzt heißt es nur noch schnell hinunter. Monsieur in den Kinderwagen setzen und ab zur Straßenbahn. Idealerweise vor dem Regen.
Doch mein Plan geht nicht so ganz auf. Madame macht nicht mit. Lässt sich beim Stiegenhinuntersteigen Zeit. Zu viel Zeit. Langsam werde ich nervös. Also beschließe ich kurzerhand sie mir einfach zu schnappen. Um sie auf dem einen und Monsieur auf dem anderen Arm nach unten zu tragen. Kein leichtes Unterfangen, Madame ist nämlich ganz schön schwer. Aber es ist schnell. Und effektiv. Das ist alles, was im Moment zählt.
Halbwegs trocken erreichen wir dann auch die Straßenbahn. Zum Glück. Denn viel später hätte es nicht sein dürfen. Denn kaum sind die Türen zu, schüttet es. Wie aus Kübeln. Gerade noch einmal gut gegangen.
Doch das ist erst der Anfang vom nächsten Problem. Ich habe Madame in der Früh nämlich versprochen mit ihr heute Eis essen zu gehen. Und das fordert sie jetzt ein. Logisch – Kinder vergessen nie. Nur wie das Ganze jetzt am besten bewerkstelligen? Beziehungsweise wie sollen wir überhaupt heim kommen? Der Regen denkt nämlich nicht daran weniger zu werden, geschweige denn aufzuhören.
Mit der Straßenbahn so lange weiter cruisen, bis es zu regnen aufgehört hat (wie ich im Normalfall einfach machen würde), ist keine Option. Madame kann nämlich ganz schön laut sein mit dem Einforderungsprozess. Und wenn Monsieur auch noch mitmacht, dann ist es sowieso vorbei. Dann gibts nämlich ein Konzert der Extraklasse. Und ein solches möchte ich allen Beteiligten lieber erparen.
Also beschließe ich es zu riskieren. Wird schon schiefgehen. Beim Kinderwagenregenschutzadjustieren entdecke ich auch noch einen Schirm. Na bitte. Ist ja schon halb gewonnen. Die Straßenbahn bleibt stehen. Die Türen gehen auf. Und wir wagen uns hinein in den Weltuntergang. Madame an meinen Fuß geklammert. Ich in einer Hand den Schirm haltend und mit der anderen den Kinderwagen schiebend. Ein lustiges Bild – nur leider ist keiner auf der Straße um über uns zu lachen. Schade. Ich hätte nur zu gern jemandes Tag erheitert. Egal.
Es schüttet in Strömen. Der Wind pfeift uns nur so um die Ohren. Der Schirm nutzt uns genau nichts. Der Regen kommt von allen Seiten. Aber aufhören und umdrehen gibt es nicht mehr. Die Straßenbahn ist weg. Wir müssen wohl oder übel weiter gehen und uns durch den Regen kämpfen. Monsieur kämpft tapfer mit (der hat in seinem trockenen Kinderwagen auch gut lachen). Madame sowieso, kommt sie so ja ihrem Eis immer näher. Und ich habe resigniert. Lasse den Schirm, Schirm sein und werde doch noch beim heutigen Wet-T-Shirt-Contest mitmachen…
Das Eisgeschäft wird es schlussendlich dann doch nicht. Es ist zu weit entfernt. Aber glücklicherweise gibts um die Ecke gleich ein Geschäft, welches auch Eis im Sortiment hat. So hat sich unser Abenteuer doch tatsächlich gelohnt. Und mit Eis in der Hand lässt es sich auch viel besser darauf warten, dass der Regen endlich nachlässt.
2 Comments
Silvia
Auweh 😁 und hast du den Wet T-Shirt Contest wenigstens gewonnen ?
Madame M.
Ja klar – Haushoch 🙂 wenigstens etwas!