Eine Woche in Buenos Aires
Oder auch: Südamerika für Anfänger.
Nach einer äußerst spontanen Idee, einem kurzen Hin und Her und einer Zeit voller Vorfreude und gleichzeitigem Zittern, ob das das PCR-Testergebnis noch rechtzeitig kommt, ist es tatsächlich soweit. Ich kann es gar nicht glauben, aber wir haben es wirklich geschafft. Wir sitzen nämlich auf gepackten Koffern und bereits eingecheckt am Flughafen und warten. Warten auf unseren Abflug nach Buenos Aires.
Die Freude auf eine Woche Wärme, neue Eindrücke, Geschmäcker und Gerüche ist riesig. Logisch. Mit im Gepäck ist allerdings auch eine kleine Prise schlechtes Gewissen, dieses Mal ganz ohne Madame und Monsieur unterwegs zu sein. Wie auch immer. Viel Zeit darüber nachzudenken bleibt vorerst nicht. Wir dürfen boarden.
Der Flug ist turbulent. Aber dank der günstigen Zeit (wir haben einen Nachtflug) gehen sich allerdings ein paar Stunden Schlaf aus. Zum Glück. So kann Buenos Aires quasi von der ersten Sekunde weg genossen werden. Zumindest ganz ohne Müdigkeit.
Nach der Erledigung der Einreiseformalitäten (neben der vollständigen Impfung braucht man zur Zeit einen negativen PCR-Test, sowie eine Versicherung, die potenzielle Quarantänekosten übernimmt) und Geld wechseln (Bargeld ist King, wie wir in den nächsten Tagen noch erfahren werden) geht es nach draußen. Ich bin direkt geflasht. Es ist sonnig. Es ist warm. Wir haben uns vom Winter geradezu in den Sommer gebeamt. Oder so ähnlich.
Palermo.
Mit einem Uber geht es hinein in die Stadt. Zu unserem Airbnb in Palermo, einem hübschen Stadtteil von Buenos Aires. Schon auf der Fahrt in die Stadt hinein fühle ich mich total wohl. Der Mix aus Sonne, den vielen Parks, den modernen Wolkenkratzern und Jugendstilhäusern gefällt mir richtig gut. Ich fühle mich als wäre ich in einer Mischung aus Paris und Tel Aviv gelandet. Einer super sauberen noch dazu, denn nirgendwo ist Müll oder dergleichen zu sehen. Alles ist total schön gepflegt.
Lange hält es uns nicht in unserem Apartment. Es zieht uns gleich nach draußen. Wir wollen unsere Umgebung erkunden. Zu Fuß. So sieht man ja bekanntlich am meisten. Ein Ziel haben wir auch im Kopf: Den Mandarine Park, eine Eventlocation, wo am Wochenende ein Konzert stattfinden wird, zu dem wir gehen wollen. Außerdem liegt sie am Meer. Ein Win-Win also.
Laut Google Maps eine knappe Stunde zu Fuß entfernt. Tja, die Realität siehts anders aus. Nach zwei Stunden Fußmarsch und einigen Irrwegen haben wir es dann tatsächlich geschafft. Leicht dehydriert, denn die Sonne ist ganz schön stark. Geschäft lag auch keines am Weg und so schlau Wasser mitzunehmen waren wir leider auch nicht. Egal, wir sind jetzt ja quasi am Meer, da wird schon eine kühle Brise wehen, denken wir uns.
Doch das stimmt nur bedingt, dort angekommen müssen wir enttäuscht feststellen, dass das Meerwasser richtig braun ist. Hätte man eigentlich wissen können, dass Buenos Aires streng genommen gar nicht am Meer liegt, sondern am Delta des Tigre, einem Fluss, der relativ viele Sedimente mit schwemmt – daher auch die braune Farbe – wieder etwas dazu gelernt.
Und noch etwas haben wir heute gelernt: Die Entfernungen in Buenos Aires darf man nicht unterschätzen. Wenn etwas gleich um die Ecke zu sein scheint, dann kann man sich sicher sein, dass man einmal mindestens eine Stunde zu Fuß vor sich hat. Weswegen sich der Transport mit Uber empfiehlt. Hier ist allerdings zu erwähnen, dass die Uber-Fahrer nur Cash akzeptieren.
Bargeld.
Apropos Cash: Die beste Methode um an Bargeld zu gelangen ist es tatsächlich Geld zu wechseln. Wir haben nämlich mehrmals versucht Geld abzuheben. Entweder hat es gar nicht funktioniert, oder die Gebühren waren im Anbetracht der geringen möglichen Abhebbeträge so hoch, dass sich das gar nicht auszahlt. Wechseln kann man direkt bei Menschen auf der Straße, oder in Wechselstuben, wobei man bei ‘inoffiziellen’ Wechselmöglichkeiten den besseren Kurs erhält. Klingt komisch. Ist aber tatsächlich so, da sich dieser Wechselkurs am Dollar Blue orientiert.
Am Abend falle ich so müde ins Bett, wie schon lange nicht mehr. Der eher schlecht als rechte Schlaf im Flieger, die viele Bewegung und die Eindrücke des Tages wollen verarbeitet werden. Dank ihnen hält sich selbstdas Vermissen von Madame, Monsieur und dem Herrn noch in Grenzen. Denn wie ich schon oft festgestellt habe, ists für denjenigen, der etwas Neues erleben darf und gerade nicht den Alltag zu Hause (er)leben ‘muss’ immer leichter. Außerdem lockt die Aussicht auf ein Bett, welches ich mit niemandem teilen muss, sehr.
Florida Street und Puerto Madero.
Am nächsten Tag sieht die Geschichte allerdings ein bisschen anders aus. Ausgeschlafen und alleine im Bett fehlen sie mir sehr, die Mäuse. Zu gerne würde ich das Erlebte mit ihnen direkt teilen und nicht nur via Fotos und Videos, vor allem weil sie mindestens genauso gerne neue Orte entdecken wie ich. Tja, hilft alles nichts, ich bin trotzdem hier und sie sind dort. Also nichts wie ab nach draußen.
Konkret heißt das, dass wir uns heute etwas weiter nach Buenos Aires hinein wagen wollen. Die Florida Street, ihres Zeichens die Shoppingstraße der Stadt mit den Galerias Pacifico stehen am Programm. Mal schauen, was man hier alles so einkaufen kann. Nach der Erfahrung vom Vortag sind wir allerdings gleich so schlau uns ein Uber zu nehmen.
Dort angekommen spazieren wir ohne wirklich ein Ziel zu haben im Viertel herum. Überqueren die breiteste Straße der Welt, trinken einen der besten Orangensäfte meines Lebens und enden ohne wirklich viel eingekauft zu haben auf einen (oder zwei) Aperol Spritzer im Puerto Madero (mit seinen vielen Restaurants und Bars super empfehlenswert). Und soviel sei verraten: Auch mit der Uber-Fahrt haben wir unser Schrittziel für heute mehr als erreicht, um noch einmal die Dimensionen der Stadt zu verdeutlichen.
La Boca.
Nachdem wir die letzten Tage vorwiegend das westliche Buenos Aires gesehen haben (übrigens wird behauptet, dass BA die westlichste Stadt Südamerikas sein soll), zieht es uns am Samstag nach La Boca, dem bekanntesten Viertel der Stadt. Bekannt ist es vor allem für seine bunten Häuser aus Schiffsblech. Angeblich ist es auch der Geburtsort des Tango. Wobei viel Tango bekommen wir hier nicht zu sehen. Dafür aber umso mehr Freundlichkeit und Lebensfreude zu spüren. Es spricht zwar kaum jemand Englisch, dennoch versuchen die Leute uns mit Händen und Füßen zu erklären was sehenswert ist und wohin wir uns als Touristen nicht bewegen sollen. Und das alles, ohne einen profitgierigen Hintergedanken der Menschen zu spüren. Ganz im Gegenteil sogar. Wir werden sogar eingeladen ihre privaten Innenhöfe zu bestaunen, weil die Besitzer so stolz darauf sind. Richtig schön. Außerdem sind die Lokale in La Boca viel günstiger, als die in denen wir in den letzten Tagen verkehrt haben.
Mandarine Park.
Am Abend ist es dann soweit. Es geht zu dem Event, welches der Mitgrund ist, warum wir überhaupt diese äußerst spontane Idee hatten nach Buenos Aires zu fliegen. Ich bin schon sehr gespannt, Konzerte in anderen Ländern sind immer extra special und so anders finde ich.
Wir werden nicht enttäuscht. Die Musik reißt mit. Die Crowd in der wir stehen ist super angenehm, total freundlich und richtig gut drauf. Der Platz, den man zum dancen hat ist großzügig und der Sonnenaufgang magisch. Ich wage es einmal zu behaupten, dass das eines der besten Events ist auf dem ich je war.
Doch genau in solch magischen Momenten macht sich oft auch das Gefühl des Vermissens breit,welches dieses Mal voll und ganz auf den Herrn abzielt. Bin bin ich doch sonst fast immer mit ihm auf solchen Konzerten gewesen und habe gemeinsam mit ihm getanzt. Aber hilft alles nichts. Das nächste Mal dann wieder gemeinsam. Außerdem habe ich ganz viele Videos für ihn (oder doch für mich?) gemacht.
San Telmo.
Obwohl wir acht Stunden getanzt haben und die Nacht somit quasi zum Tag gemacht haben, bleibt der darauf folgende Tag nicht ungenutzt. San Telmo ist unser designiertes Ziel des Nachmittags. Wir wollen Tango im natürlichen Setting (also auf der Straße) erleben. Und laut Internet ist das Viertel am Sonntag die beste Adresse dafür.
Schon beim Aussteigen aus unserem Uber gelangen die ersten Klänge an unsere Ohren. Allerdings keine die dem Tango zuzuordnen sind, sondern treibende Samba-Rhythmen. Wir sind mitten in der Aufführung einer Samba Band gelandet. Doch damit nicht genug. Gleich daneben steht schon die nächste Gruppe in den Startlöchern. Und daneben noch eine. Man könnte fast sagen: Eine Samba-Truppe jagt die nächste. Und rundherum ausgelassen tanzende, glückliche Menschen und eine sensationelle Stimmung in der Luft.
Während das Viertel unter der Woche eher ruhig und beschaulich sein soll ist hier Sonntags richtig was los. Straßenmärkte, an denen von Kunst über Kleidung bis hin zu Gewürzen alles verkauft wird, geben sich sich ein Stelldichein mit bunten Graffitis, Straßenmusikern, Lokalen und auch Tango. Wie wir später bemerken werden. Auf dem Plaza Dorrego haben sich nämlich jede Menge Menschen eingefunden, welche sich – egal ob jung oder alt – zu Tango Takten, die aus Boxen kommen, an ein leidenschaftliches Tänzchen wagen. So habe ich mir Buenos Aires vorgestellt.
Souvenirs.
Unsere letzten Tage In Argentinien neigen sich dem Ende zu. Die Vorfreude auf Zuhause ist bei mir schon riesig. Allerdings habe ich noch kaum Souvenirs für Madame und Monsieur gefunden. Denn neben Dulce de Leche, einer Art Karamellcreme, welche es hier in allen erdenklichen Formen an so gut wie jeder Straßenecke gibt, Mate Tee und Gewürzen soll auch noch etwas anderes mit nach Hause kommen. Etwas, wovon man länger etwas hat. Nur was? Das ist die große Frage. Denn um ehrlich zu sein, so richtig angesprungen ist mich in den vergangen Tagen nicht wirklich etwas. Weder in der Shopping Straße, noch in La Boca oder San Telmo.
Ich habe mich schon mit dem Gedanken einfach last minute am Flughafen was zu besorgen abgefunden, als wir wie durch Zufall über ein Geschäft namens Arandu in Recoleta stolpern. Auf drei Stockwerken erstreckt sich ein Sortiment aus feinsten argentinischen Lederwaren, Schmuck und Reiterzubehör. Ich könnte hier Stunden verbringen und schmökern. Der Geruch ist toll. Die vielen verschiedene Sachen auch. Von Decken über Ponchos bis hin zu Stiefeln gibt es hier alles – zu schade dass wir nur mit Handgepäck in Argentinien sind. Für Madame und Monsieur ist schnell etwas gefunden: Sie bekommen je ein Paar Alpargatas (Espadrilles). Und auch für den Herrn werde ich mit einem Gürtel gleich fündig.
Ab nach Hause.
Tja und ehe wir uns versehen ist für uns auch der letzte Tag in Argentinien Geschichte. Am nächsten Tag geht es ab in Richtung Heimat. Wie schon erwähnt ist meine Freude auf daheim riesengroß. Beziehungsweise die auf Madame, Monsieur und den Herrn. Denn aushalten würde ich es in Buenos Aires definitiv länger. Es gäbe noch so viel zu sehen und erleben. Wie das Hinterland zum Beispiel.
Auch wenn es nur eine knappe Woche war und der Flug nach Argentinien lang war hat sich der Trip nach Buenos Aires voll ausgezahlt. Wir haben so viel erlebt und gesehen, haben uns nie unsicher gefühlt, wurden von Freundlichkeit und guter Laune regelrecht überwältigt. Außerdem tun Auszeiten, egal wie groß oder klein diese sind, immer gut und lassen einen den eigenen Alltag wieder ein Stück weit mehr schätzen.
Buneos Aires – Ich komme mit Sicherheit wieder, Das nächste Mal mit Madame, Monsieur und dem Herrn im Gepäck!
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